Ein Kambodschaner in München
Klasse, wenn man eine Tradition gelegentlich durch die Augen anderer betrachten kann! Da lernt man so manches, was einem vorher nicht klar war. Jüngst war der zierliche Heng Kim Nouem aus Kambodscha auf dem Münchner Oktoberfest. Was er da alles gesehen hat, wird er bald in seinem Heimatdorf in der kambodschanischen Provinz Oddar Meanchey erzählen. Dort lebt man in Armut, man kann also erheiternde Eindrücke aus der Restwelt brauchen.
In die Bundesrepublik kam Heng durch die Martinshilfe der Malteser, für die er als eine Art Entwicklungshilfebotschafter mitreisen durfte. Der Mann, der die Schrecken der Roten Khmer überlebte, sah sich nun den Schrecken einer Sauf- und Feierorgie gegenüber, die er kaum einordnen konnte. Allein die bierselig knutschenden Paare trieben dem zurückhaltenden Mann die Schamröte ins Gesicht. Unter den wogenden Bierbäuchen wegtauchend, musste er sich eine Minute später an so manche Brust drücken lassen ? und man kann nur hoffen, dass er wegen seiner kleinen Größe unterhalb der Bierfahne stand! Immerhin betrieb Heng Kim Nouem vor Ort intensive Studien in Sachen Oktoberfest. Man erzählte ihm, es gäbe auch in Amerika Oktoberfeste und schilderte die lange Tradition dieses Festes auf der Wies?n. Seinerzeit habe es noch gar kein Bier gegeben. Der Mann aus Kambodscha konnte bei dieser Gelegenheit vom größten Volksfest seines Landes erzählen, dem Bon Oumtouk Wasserfest, bei dem Mannschaften aus dem ganzen Land in Langbooten Wettrennen austragen. Nach getaner Arbeit sitzt man noch zusammen und singt schmalzige Popsongs auf Khmer. Dirndl, Schweinshaxe und Schuhplattler hatte der gute Mann noch nie gesehen. Man kann sich das ungläubige Staunen vorstellen, wenn er diese später beschreibt und auf Fotos vorzeigt.
Am Besten haben Heng in Deutschland die Windräder gefallen. Tja, die Wies?n ist eben nichts für jeden!